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Wittekindslauf - Rückblick zum 25jährigen Jubiläum


Ein Dokument der Zeitschichte – die Urkunde über die Teilnahme am 1. Wittekindslauf 1997, unterzeichnet vom damaligen Osnabrücker Bürgermeister MdL Burkhard Jasper. Auf dem Foto in der oberen Reihe der später auf der Strecke plötzlich verstorbene Läufer Wilhelm Hoffmeister.

Eine Person der Zeitgeschichte: Jürgen Frieler

„Wittekindslauf“ – eine Erfolgsstory – verbunden mit dem Gründer und Organisator Jürgen Frieler – Ein Rückblick auf den Laufsport im „Wittlager Land“

Jürgen Frieler, jetzt – 2023 - im 82. Lebensjahr stehend, war der Gründer und Organisator über 25 Jahre, ein Vierteljahrhundert. Nur in zwei Jahren musste der Etappenlauf auf der Strecke des berühmten „Wittekindsweges“ zwischen Minden (Kaiser-Wilhelm-Denkmal) und dem Rathaus der Stadt Osnabrück wegen der Corona-Pandemie abgesagt werden.

Zur Vorgeschichte: Jürgen Frieler war in seinen Berufsjahren in der Polizeistation Hasbergen als „Ortspolizist“ tätig und dort war er maßgeblich im SV Ohrbeck, gemeinsam mit dem späteren MdB Georg Schirmbeck, an der Organisation der „Nacht von Hasbergen“, ein 10-km-Lauf-Event mit großer Beachtung, auch überregional, beteiligt. Als „Ruheständler“ zog es Jürgen in sein Heimatdorf Lockhausen unweit von Schloss Ippenburg (Gemeinde Bad Essen) zurück. Hier gründete er einen Lauftreff, der später auch vom TuS Bad Essen als Abteilung aufgenommen wurde.

Laufen ist eher ein Individualsport, anders als die berühmten Mannschaftssportarten Fußball, Handball, Volleyball, Tennis oder Schwimmsport. Zum Lauftreff in Bad Essen kamen so am frühen Sonntagmorgen Läufer aus Melle, aus Vehrte, Osnabrück und Hunteburg. Die Trainingsläufe führten fast immer den Nordhang des Wiehengebirges zum Aufwärmen hinauf hechelnd, dann auf der flachen Strecke des Wittekindsweges konnten Kreislauf und Puls sich wieder dem Normalzustand annähern.

Hier wurde der Gedanke für einen Etappenlauf auf dem vom Wiehen-gebirgsverband mit Wegweisung gekenn-zeichneten „Kammweg“ (auf der Höhe des Wiehengebirges) geboren und Jürgen Frieler setzte diese Idee mit einigen Sportkameraden in die Tat um. Und niemand konnte beim 1. Wittekindslauf ahnen, dass es eine Dauerveranstaltung werden sollte. Dies ist der unermüdlichen Ausdauer von Jürgen Frieler und seiner Ehefrau Heike sowie einigen Mitstreitern zu verdanken.


Kreisoberamtmann Hans-Eberhard Marx vom Comité Bolbec-Wittlage überreicht eine Urkunde vor dem damaligen Kurzentrum Bad Essen, von links sechster Wilhelm Hoffmeister (verstarb auf der Strecke 2019). Dritter von links Jürgen Frieler im besten Alter für einen Dauerläufer.

Der Wittekindsweg wurde einst vom Wiehengebirgsverband Osnabrück mit Schildern auf vorhandenen Wegstrecken, meist über private Waldflächen, ausgeschildert. Die knapp über 90 km lange Wegstrecke erstreckt sich über zwei Bundesländer, nämlich NRW (Kreis Minden-Lübbecke), dort am berühmten „Kaiser-Wilhelm-Denkmal“ ist der Start und dann geht es westwärts in Richtung Osnabrück, im Raum Barkhausen (Bad Essen) im Kellenberg wird irgendwo die nicht markierte Grenze zu Niedersachsen überquert. In der Anfangszeit gab es Probleme mit der NRW-Forstbehörde, die dann Gebühren nach dem dortigen Landeswaldgesetz verlangt, wenn kommerzielle Veranstaltung im Forsten stattfinden.

Für den Wittekindslauf des TuS Bad Essen wird weder eine Start- oder Antritts-gebühr verlangt. Die Getränke wie Tee und Wasser an den jeweils zwei mobilen Streckenposten sponsert der TuS, private Unternehmen stellen Kleinbusse zur Verfügung als „Besenwagen“, falls einer Läuferin oder einem Läufer die „Puste“ ausgehen sollte oder sonst medizinische Hilfe notwendig ist. In den Anfangsjahren war Jürgen Bätke als Fahrrad-Kurier mit auf der Strecke unterwegs.

Der Lauf ist für Anfänger eher nicht zu empfehlen, denn in jedem Taleinschnitt gibt es einen Abstieg und dann folgt leider ein Aufstieg, etwa von 50 mm über NN auf ca. 150 m über NN. Diese Aufstiege kosten viel Kraft, und selbst gehend schon eine „Schinderei“. Einzelne Etappen sind deshalb fast so anspruchsvoll wie ein Marathon auf ebenerdiger Streckenführung.


Beim 1. Lauf 1997 gab es noch keine Digitalkameras, deshalb nur schwarzweiß Fotos für die Zeitung – und die Laufsportseite www.Laufen-OS.de gab es auch noch nicht.

Der Landschaftslauf war und ist nicht als Wettkampfsport klassifiziert. Natürlich gibt es den sportlichen Ehrgeiz, als erster Läufer den Zielpunkt zu erreichen oder doch in einer für ihn guten Zeit. Höhenmesser gab es anfangs nicht, heute hat jeder fast seinen persönlichen „Computer“ am Handgelenk, der jegliche Daten erfasst, die Gesamthöhenmeter von 1940 m u.a. Gelaufen wird auf eigenes Risiko. Und anfangs werden die Teilnehmer namentlich und zahlenmäßig erfasst, so dass z.B. Rolli Bührmann als Streckenposten melden kann, dass alle Teilnehmer durchgekommen sind. Dann fährt der mobile Streckenposten zur übernächsten angegebenen Kontrollstelle vor.


An der Kontrollstelle an den Saurierfährten – kurz einen Becher Tee trinken und schon geht es weiter

Einige Laufsportler brachten ihre Hunde mit auf die Strecke, meist an langer Leine. Die Vierbeiner waren gut trainiert und freuten sich auf Wasser an den Kontrollstellen oder manchmal auch aus Pfützen am Wegrand. Wurden im Winter Bäume mit Wegeschildern im Forsten gefällt, dann konnten Läufer schon mal von der Strecke abkommen, so dass sie einige Kilometer mehr für den Umweg absolvieren mussten.

2019 war von einem tragischen Unglücksfall überschattet. Der Meller Sparkassenangestellte Wilhelm Hoff-meister war ein sehr gut trainierter Läufer, der mehr als ein Jahrzehnt regelmäßig jeden Sonntag zum Trainingslauf nach Bad Essen kam und der dann auf dem Wittekindslauf kurz hinter den Saurierfährten zusammenbrach und jegliche medizinische Hilfe kam zu spät. Die Läuferkollegen waren geschockt und in tiefer Trauer. Zur Erinnerung wurde an der Unglücksstelle ein großer Findling mit einer Namenstafel aufgestellt. In den Folgejahren wurden beim Etappenlauf Blumen am Gedenkstein niedergelegt.

Die vier Etappen finden jeweils am frühen Sonntagvormittag rund um Ostern statt. Eine Episode gab es mit einem kritischen Leserbrief, in dem die Laufetappe am „Karfreitag“ als unangemessen und unchristlich bezeichnet wurde. Der Landschaftslauf im Wiehengebirge indes ist kein „Rummel“, sondern schafft für die Läufergruppe auch Raum zur inneren Einkehr in der Natur – was sollte hierbei den religiösen Frieden dieses kirchlichen Feiertages stören?

Neben dem Wittekindslauf organisierte Jürgen Frieler auch den „Bad Essener – Abendlauf“ und die Teilnahme Semi-Marathon (Halbmarathon) in der französischen Partnerstadt Bolbec (Normandie). Eine Urkunde erinnert an die Teilnahme am 6. September 1997. So hat die Läufergruppe aus dem „Wittlager Land“ auch der internationalen Verständigung gedient, denn französische Läuferinnen und Läufer nahmen hier am „Bad Essener Abendlauf“ teil.

Die Urkunde belegt ein Stück Zeitgeschichte über den Laufsport in der Region Osnabrück
2022 absolvierte Jürgen Frieler als 80jährer in der französischen Klasse der „Veteranen“ den Halbmarathon in Bolbec, nicht in „Bestzeit“, aber gemessen an der Altersklasse in einer enormen Leistung, hier mit einer Läuferin aus England und Paul war der Teamleiter der britischen Läufergruppe. Fotos und Repros: Eckhard Grönemeyer

 

Bei der zweiten und wohl der schwierigsten Etappe gibt es am Zielpunkt, der Tourist-Info mitten im Ort einen Empfang durch Ortsbürgermeister Jens Strebe, der selbst sportlich mit dem Bike unterwegs ist, und es gibt Fruchtsäfte und ein „Schittchen-Büffet“ für die ausgehungerten Läufer, zubereitet von den Frauen Heike Frieler und Irene Natemeyer. Ein Höhepunkt und Zeit für Smaltalk, denn auf der Strecke ist meist keine Zeit zum Plaudern oder es fehlt die Puste.

Einige Läufer aus der Anfangszeit sind schon verstorben oder sie haben altersbedingt das Laufen aufgegeben. Zum 25jährigen Jubiläum wird es vielleicht einige Bilddokumente geben, um an die einstigen Mitläufer zu erinnern. Einige Beispiele zeigen: Laufen hält fit, dieser Sport ist gut für Körper und Seele. Jürgen Frieler hat viele Ämter ausgeführt, als Ratsvorsitzender, Ortsbürgermeister, Betreuung von straffälligen Jugendlichen, für den TuS und den örtlichen Verschönerungsverein Harpenfeld-Lock-hausen, für die Veranstaltungen der Familie von dem Bussche-Ippenburg. Für seine Lebensleistung wurde er schon vor einigen Jahren mit dem Bundesverdienst-kreuz und Ehrenzeichen von Sportver-bänden geehrt. Ehrenamtliche Tätigkeit war für ihn Berufung und Leidenschaft zugleich – Vorbild und Freund. Deshalb ein „Dankeschön Jürgen“.

 Eckhard Grönemeyer

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Dieser Beitrag wurde mit Unterstützung des gemeinnützigen Vereins „Centrales Ländliches Vereins-Archiv e.V.“, Bad Essen, veröffentlicht.


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